Ein Pionier der Trockentoilette
Friedensreich Hundertwasser
Viele von uns kennen Friedensreich Hundertwasser hauptsächlich wegen seiner extravaganten, farbenfrohen Bilder und der außergewöhnlich designten Gebäude. Der in Österreich geborene Künstler, der es dank seines Genies schon zu Lebzeiten zu Weltruhm brachte, war gleichzeitig ein leidenschaftlicher Umweltschützer. Er engagierte sich mit selbstverfassten Manifesten, Vorträgen und Plakaten für die Erhaltung des Regenwaldes und der Meere. Zudem war er ein strikter Gegner der Kernenergie.
Hundertwassers Lebensphilosophie? Gegen gerade Linien – und für ein Leben im Einklang mit der Natur und ihren Gesetzen. Weniger bekannt ist allerdings, dass er sich bereits Mitte der 70er-Jahre gegen WCs und deren Wasserverschwendung starkmachte. In einem Brief schrieb er sogar einmal, dass er mit Menschen, die die herkömmliche „Zieh- und Spülmentalität“ hätten, nicht zusammenarbeiten würde.
Um das WC aus seinem Leben zu verbannen, las er alles, was er zum Thema Trockentoilette in die Finger bekommen konnte. Um das Prinzip auch in der Praxis kennenzulernen, kaufte er sich ein Modell in Schweden, an dem er jedoch einige Mengel entdeckte.
Und so fing Hundertwasser an, seine eigene Humustoilette zu entwickeln. Diese Toilette setzte er sowohl im Garten als auch in seinen Wohnungen bzw. Häusern ein. Die von ihm entwickelten Systeme stellte er allen Interessierten mit Bauanleitungen zur Verfügung.
Er ging sogar so weit, auf Lüfter zu verzichten, da er es blödsinnig fand, dafür auch noch Strom zu verbrauchen. Trotzdem hatte er weder mit unangenehmen Gerüchen noch mit lästigen Fliegen zu kämpfen. Beim Bedecken der Hinterlassenschaften auf seiner Komposttoilette setzte Hundertwasser übrigens auf Humuserde aus dem Wald.
Der kreative Umweltaktivist kam sogar auf eine noch cleverere Idee – Hundertwasser entwickelte zu seiner Humustoilette eine eigene biologische Wasserkläranlage. Verschiedenste Wasserpflanzen und Terrassensysteme sorgten dafür, dass Urin und Haushaltsabwässer ganz natürlich geklärt wurden. Seine Anlage gibt es sowohl für den Innen- als auch für den Außenbereich mit jeweils spezifischen Pflanzen im Einsatz. Das Prinzip ist so einfach wie genial, denn das Schmutzwasser wird durch die Wurzeln und die abbauenden Bakterien gefiltert. Die Indoor-Variante dieses Filtersystems kann man übrigens im KUNST HAUS WIEN bestaunen.
Die meistfotografierte Toilette von Neuseeland steht übrigens auf der Nordinsel in Kawakawa, wo Hundertwasser von 1973 bis zu seinem Tod im Jahr 2000 lebte. Diese Toilette, selbstverständlich ein Trockensystem ohne Wasserverbrauch, wurde – nicht schwer zu erraten – vom Künstler persönlich entworfen. Sie ging 1999 in Betrieb und ist sowohl auf die Bedürfnisse der Herren als auch der Damen ausgerichtet. Tatsächlich wird dieses „stille“ Örtchen mehr fotografiert als darin Geschäfte erledigt werden.
Wir jedenfalls sind große Fans von Hundertwasser und ziehen unseren Hut vor seinen Visionen, seinem Engagement und seinem Einfallsreichtum. Wie gern hätten wir mit ihm mal ein Fachgespräch geführt …